Die Haltung der Habitussensibilität und -reflexivität in Rahmen von Beratungs- und Bildungsprozessen am Übergang Schule-Beruf wird in diesem Vortrag aus unterschiedlichen Perspektiven beleuchtet und diskutiert. Der Vortrag vergleicht die Erfahrungen von Oberstufenschüler*innen am Berufskolleg und am Gymnasium auf dem Entscheidungweg in Ausbildung oder Studium. Dabei werden Erkenntnisse und Erfahrungen zur Studien- und Berufswahl aus einem wohnortnahen schulübergreifenden Projekt zur Studienorientierung in der Coronazeit (2020 - 2022) vorgestellt. Neben aller schulformbedingten Unterschiedlichkeit in der Orientierungsphase zeigt sich als Gemeinsamkeit die Überforderung durch die Komplexität des Entscheidungs- und Planungsprozesses und Unsicherheiten beim online Bewerbungsverfahren. Dabei finden sich u.a. milieu- und geschlechtsbezogene Differenzen in der Schwerpunktlegung der Berufs- und Studienwahl sowie im Hinblick auf die Entscheidungskriterien für Hochschulstandorte oder -formen. Ein habitussensibler Zugang in der Beratungsarbeit selbst, aber auch die Anpassung der Strukturebene an Schulen durch neue Studienwahlkonzepte und konkrete Bewerbungsunterstützung erleichtern Studienpionier*innen und Personen mit geschlechtsungewöhnlichen Studienentscheidungen die Zugänge in ein Studium.

Der Vortrag richtet sich an Studien- und Berufswahlkoordinator*innen an Schulen, Beratungslehrer*innen, Schulsozialarbeiter*innen, Talentscouts, oder an Mitarbeiter*innen in der zentralen Studienberatung (ZSB).

Die Fotoausstellung "Mein Raum - Das Kinder und Jugendzimmer" im Bleichhäuschen Rheda zeigte 2017 fotografische Exponate von Kindern und Jugendlichen im Alter von 6-18 Jahren. Sie lädt die Betrachter*innen durch eine vergleichende Bildbetrachtung dazu ein, den Lebenswirklichkeiten und Entwicklungsphasen der Zimmerbesitzer*innen nachzuspüren und diese mit der eigenen Biografie in Beziehung zu setzen. Neben Erfahrungen aus der eigenen Elternschaft werden dabei auch Erinnerungen ans eigene Zimmer und die damit verbundenen Ausdrucksmöglichkeiten wach.

Aufgrund der großen Altersspanne der Fotograf*innen lassen sich der Entwicklungsübergang von der Kindheit zur Jugend und die damit verknüpften Herausforderungen in der Entwicklung gut erkennen. Vor allem den Jugendlichen dient das eigene Zimmer als Rückzugsort von Welt und Familie. Nicht selten wird dessen Zustand zum Streitpunkt zwischen Eltern und Jugendlichen oder Auseinandersetzungen finden an der Tür ihr symbolisches Ende. Gleichzeitig ist vor allem das Jugendzimmer ein Ort der Repräsentation, der sich gestalterisch vom übrigen Haus absetzt und damit noch einmal den Ablöseprozess der Jugend symbolisch erfahrbar macht.

Der Vortrag zur Ausstellung richtet sich an pädagogische Ausbildungsstätten oder Teams aus sozialen oder pädagogischen Arbeitsfeldern, die dem Anspruch der Lebensweltorientierung nachkommen und den sozialen oder räumlichen Nahraum mit dessen symbolischer Aufladung analysieren wollen. Es gilt, der heutigen Lebenswelt von Kindern und Jugendlichen zu begegnen und damit verbundene Herausforderungen kennen und auf der Raumebene identifizieren zu lernen. Die Exponate fordern dazu auf, diese mit der eigenen Raumgestaltung in Beziehung zu bringen und sich der Aussagekraft symbolischer Gestaltung in der eigenen oder auch der Biografie von Schutzbefohlenen oder Klient*innen bewusst zu werden. Es ist ein Aufschlag zur Diskussion selbstverständlicher Alltagspraxis, die uns mit anderen verbindet oder voneinander trennt und damit ein Einstieg in das Thema Habitus.     

Zur Analyse kann auf einige Ausstellungsexponate zurückgegriffen werden, aber auch eigene Bilder können als Analysegrundlage dienen.

Die abgeschlossene Ausstellung im Bleichhäuschen Rheda „Der gedeckte Tisch“ (2018) zeigt authentische Photos gedeckter Abendbrottische und  lädt automatisch dazu ein, den eigenen Abendbrottisch mit den Exponaten zu vergleichen und sich zu fragen: Was für Menschen sitzen wohl dort am Tisch? Erinnerungen an den gedeckten Tisch aus der Kindheit werden wach oder man ist irritiert, weil so mancher Tisch gar nicht dem eigenen Geschmack entspricht. Der Soziologe Bourdieu hat 1983 in seiner Abhandlung zu den „feinen Unterschieden“ festgestellt, dass die Ausprägung des eigenen Geschmacks oder Stils keine persönliche ist, sondern eine Frage der sozialen Herkunft und des Status. Dabei spielen Gefühle eine wesentliche Rolle und weniger bewusste Entscheidungen.

Indem wir uns die Frage stellen: "An welchen Tisch würde ich mich nicht setzen und warum nicht?" Können wir etwas über unsere selbstvergessene Geschmacksprägung erfahren. Der fremde Tisch wird durch den Vergleich zu einem Gegenentwurf des eigenen Ideals.

Vor allem in der Pädagogik bildet das Wissen um die Zugehörigkeit zu einem bestimmten Milieu und die damit verbundene Sicht auf die Welt eine wichtige Grundlage zur professionellen Selbstreflektion und zum Verstehen sozial bedingter Missverständnisse und Ausgrenzungen. In meinem Vortrag zu den Exponaten der Ausstellung lade ich Sie dazu ein, über die Wurzeln des eigenen Geschmacks nachzudenken und zu diskutieren, was diese Erkenntnis für das eigene Erleben und damit auch für die eigene pädagogische Arbeit bedeutet.

Dieser Vortrag richtet sich an Teams aus sozialen oder pädagogischen Arbeitsfeldern, die mit unterschiedlichen Ethnien und Milieus arbeiten und den Anspruch an sich selbst stellen, unbewusste Barrieren im Miteinander zu identifizieren und über deren Abbau nachzudenken. Das führt uns selbstverständlich zur Habitusanalyse.

Es können entweder eigene Bilder mitgebracht und analysiert werden, oder es kann auf einige Ausstellungsexponate zurückgegriffen werden.