Hier finden Sie Beiträge und Gedanken rund um die Themen von Supervision und Beratung
Hilfreiches zu Supervision und Beratung
"Erst das Vertrauen, aufgrund von Herkunft nicht verachtet zu werden, ermöglicht eine Gesprächstiefe, die für ein sozioanalytisches Verstehen notwendig ist. Es gibt keine objektive Beratungsposition (Bourdieu 1997)."
Damit Begleitung und Hilfe im Rahmen einer Beratungsbeziehung angenommen werden können, braucht es einen freien Gesprächsraum ohne Machtgebaren und Definitionskämpfen. Allerdings hält die Gesellschaft mit ihren Hierarchien in jede Form der sozialen Beziehung Einzug (und damit auch in die Beratung). Das geschieht durch die Art zu Sprechen (Wortwahl, Lautstärke, Gestik und Mimik) und die Form, wie Themen bearbeitet oder angesprochen werden (wollen). Dabei sorgt die Bewertung des unterschiedlichen Blicks auf die Welt und damit verbundene als legitim oder abweichend bezeichnete Vorlieben für eine hierarchische Beziehung. Die Haltung der gesellschaftlich höheren Position gilt als Norm.
Beratende als auch Ratsuchende bringen mit ihrem jeweiligen Habitus ihre ganze Welt mit - geprägt durch Erfahrungen aus Herkunft-, Geschlecht- oder Generationenzusammenhängen. Sie tragen so einen sozialen Kompass in sich, der Ihnen gefühlsgesteuert vorgibt, wie Sie sich in den unterschiedlichsten sozialen Situationen / Beziehungen zu verhalten haben (Scham, Schuld, Angst). Das erfolgt in einer routinierten, unhinterfragten Alltagspraxis und diese bildet wiederum die unbewusste Basis der Beratungsbeziehung. Vor allem die als selbstverständlich oder für die eigene Person als natürlich erachteten Denk- und Verhaltensweisen sind habituell gesteuert und spiegeln die Zugehörigkeit zu einer sozialen Gruppe (Geschlecht, Milieu, Generation oder auch Profession) wider. Gleichzeitig werden durch diese Handlungsweisen Abgrenzungen zu anderen sozialen Gruppen (Distinktion) erzeugt.
Dieser gesellschaftlich motivierte Sortierungsvorgang erfolgt auf einer unbewussten, unreflektierten Ebene. Er kann lediglich kontrolliert werden, wenn es den Beratenden gelingt, Facetten des eigenen Handeln als Abgrenzungspraxis zu erkennen. Dazu braucht es die Kenntnis von Ausprägung und Entstehung des eigenen Habitus (Habitusanalyse) und der strukturellen Machtzusammenhänge. Beide wirken im Beratungssetting und verstärken/zementieren über Institutionszugehörigkeit oder Normvorgaben des jeweiligen Beratungsfeldes das Machtgefälle zwischen Beratenden und Ratsuchenden (z.B. Schwangerschaftskonfliktberatung, Bildungs- und Studienberatung, Supervision, Schuldner*innenberatung).